Ökumenische Gespräche 2019

An den ersten drei Dienstagen im November fanden die Ökumenischen Gespräche zum Thema „Wär‘ ich nicht arm, wärst du nicht reich“ statt. Die Gesprächsabende wurden veranstaltet von der Katholischen Kirche in Bregenz und der Evangelischen Pfarrgemeinde Bregenz in Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Bildungswerk Bregenz, moderiert wurden sein von Thomas Matt. Ungefähr 70 – 80 Teilnehmer stellten sich an den Abenden dem herausfordernden Thema von Armut und Reichtum.

 

Wie passt das Kamel durchs Nadelöhr

Unter diesem Titel berichtete Pfr.in Mag.a Sabine Gritzner-Stoffers (Bregenz) darüber, was uns die Bibel zu dem Thema zu sagen hat. Plötzlich bekamen die Gesetze und Vorschriften aus den über 2500 Jahre alten Büchern des Ersten Testaments einen unerwarteten Gegenwartsbezug. So enthält die Tora ein Sozial und Wirtschaftsrecht, das Elemente wie Armensteuer, Zinsverbot und allgemeinen Schuldenerlass enthält – Grundsätze die auch für ein heutiges Sozialrecht revolutionär wären. Dabei anerkennt das Gesetz durchaus Einkommens- bzw. Vermögensunterschiede, aber „Es sollte überhaupt kein Armer unter euch sein“ (5. Mose 15,40).

Im Neuen Testament spricht Jesus über das Reich Gottes als einen gegenwärtigen Soll-Zustand. Es ist alles andere als eine Vertröstung auf ein besseres Jenseits.Jesus wendet sich nicht an die Mittelschicht, seine Bewegung ist eine Kirche der Fischer, Kleinbauern und Armen.

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Konkret Handeln in globaler Verantwortung

Für den zweiten Abend nahm Dr. Markus Schlagnitweit (Linz) einen wesentlich neueren theologischen Text, die Enzyklika „Laudato si“ als Grundlage für seine Ausführungen. Die musikalische Gestaltung des Abends übernahm Thomas Ruez (Gitarre und Gesang). Dr. Schlagnitweit betont, dass die Enzyklika keinen reinen Umweltbezug hat – auch wenn sie oft in dieses Eck gedrängt wird.Sie stellt viel mehr ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsmodell vor.Umweltprobleme und gesellschaftliche Probleme führen letztlich zu globaler sozialer Ungerechtigkeit.Betroffen sind immer die schwächsten der Schöpfung, und damit meint er nicht nur Menschen, sondern auch die Tier- und Pflanzenwelt. Die Wurzeln der aktuellen Krise sind vielfältig. Sie liegen in einer Macht ohne Verantwortung, einem technologischen Machbarkeitswahn und einer anthropozentrischen Maßlosigkeit. Nicht nur die Politik, sondern auch wir als Zivilgesellschaft sind gefordert zu handeln.

Den Ansatz zur ökologischen Umkehr sieht Papst Franziskus in der Spiritualität: Dankbarkeit, Freude, Frieden, Genügsamkeit, Demut, Achtsamkeit und Zärtlichkeit.

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Österarm – zu reich um zu teilen

Dr.in Magdalena Holztrattner (Wien) beschäftigte sich am letzten Abend mit der konkreten Situation in Österreich und in der EU. Österreich gehört zwar zu den reichsten Ländern der Welt, aber Reichtum und Armut sind sehr ungleichmäßig verteilt. So verdient eine Arbeiterin 2.400 Euro im Monat, während es ein Top Manager auf 4.700 Euro pro Tag bringt, also das rund 60-fache. Und dazu kommt noch ein leistungsfreies Einkommen aus Dividenden, Mieteinnahmen usw. Die katholische Soziallehre kritisiert, dass Privatbesitz keine soziale Funktion hat, denn „alles ist von Gott geschenkt – zum Wohle aller.“ Das ist kein neuer Gedanke. Bereits im 4. Jahrhundert kritisiert Ambrosius von Mailand: „Was mehr ist, als zum Verbrauch reicht, ist mit Gewalt angeeignet worden.“

Armut geht auch mit sozialer Ausgrenzung einher. Man kann sich kein Kino leisten, man kann Freunde und Bekannte nicht zum Essen einladen, Kinder können in der Schule nicht an Sportwochen teilnehmen. In Vorarlberg sind 23% der Bevölkerung armutsgefährdet.

Armut ist ein „lebensmindernder Zustand, Gott aber will ein Leben in Fülle. Er identifiziert sich in Jesus Christus mit den Armen: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem dieser meiner geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ (Matth. 25,40)

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