Ökumenische Gespräche - Biedermann und die Brandstifter

Der zweite Abend der ökumenischen Gespräche stand ganz im Zeichen von Themen, die wir jeden Tag in den Nachrichten sehen und hören, und die uns Angst machen. Zu Gast war Armin Thurnher, Chefredakteur der Zeitung "Falter". Der Gemeindesaal war bis auf den letzten Platz gefüllt, über 100 Interessierte waren gekommen. Biedermann und die Brandstifter, der Titel eines Dramas von Max Frisch, steht symbolisch für Vieles, was heute passiert: wir sehen den Rechtsruck, nationale Tendenzen, die immer größer werdende Kluft zwischen arm und reich. Aber wie Biedermann, der zu feig ist, sich gegen den Brandstifter, der sich bei ihm einquartiert hat, zu wehren, so lässt auch unsere Gesellschaft viel zu viel einfach geschehen. In Angst verfolgen wir das, was rings um uns geschieht.

Armin Thurnher versuchte in seinem Vortrag zu analysieren, was eigentlich Ursachen der aktuellen politischen und wirschftlichen Situation sind. Zum einen ist mit dem Zerfall des Ostblocks unsere Weltordnung aus der Balance gekommen. Auch wenn es eine Balance des Schreckens war, so war es doch ein Gleichgewicht, das bei uns liberale und demokratische Werte gesichert hat. Nun aber werden illiberale Tendenzen stärker, Kriege werden geführt um angeblich demokratische Werte zu sichern. Autokratische Tendenzen, der Ruf nach dem "starken Mann" werden unüberhörbar lauter. Am Beispiel von China zeigt sich, dass Kapitalismus auch ohne Demokratie möglich ist.

Gleichzeitig zu diesen politisch/gesellschaftlichen Entwicklungen wird auch der Neoliberalismus stärker. In einer Fehlinterpretation der von Adam Smith entwickelten Theorie gilt nunmehr, dass sich der Egoistische, der Stärkere durchsetzt. Die Schwächeren bleiben auf der Strecke. Neoliberalismus - so Thurnher - sei das erfolgreichste Gehirnwäscheprogramm. Die dahinterstehende Ideologie beinhaltet die Zerstörung des Sozialstaats und hinderlicher demokratischer Züge. Diese Tendenzen seien bei den Koalitionsverhandlern in Österreich ganz klar ausgeprägt.

Die Einkommenssituation des untersten Drittel hat sich in den letzten Jahren real verschlechtert. Es wird gezielt von unten nach oben umverteilt. Der Gedanke, dass man auch zu den Verlierern gehören zu können, erzeugt Angst. Und wenn wir nach Afrika oder Südamerika schauen, dann glauben wir, dass uns allein durch unsere Herkunft ein Lebensstandard zusteht, der diesen Menschen nicht zusteht. Dass diese Menschen jetzt als "Wirtschaftsflüchtlinge" zu uns kommen, erzeugt ebenfalls Angst.

Als weiterer Punkt ging Armin Thurnher noch auf die Rolle von Social Media ein, die durch gezielte Desinformation und "Fake News" Einfluss auf unser Leben nehmen.

Im Anschluss an den Vortrag wurde noch eine lange, angeregte Diskussion geführt.